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Wir treffen Christiane Blum, eine vielseitige Übersetzerin, deren Kompetenzen von literarischen Texten bis hin zu Marketing, Werbung und vielen anderen Genres reichen. Mit ihr gemeinsam entdecken wir die Welt der Übersetzungen. 

Der Beruf des Übersetzers – Leidenschaft, Hingabe, Kompetenz. 
Wir treffen Christiane Blum, die kürzlich den Roman Der Wächter der Sterne, die Reise der Anais mit dem Wind aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt hat. Eine vielseitige Übersetzerin, deren Kompetenzen von literarischen Texten bis hin zu Marketing, Werbung und vielen anderen Genres reichen. Mit ihr gemeinsam entdecken wir die Welt der Übersetzungen. 

Auf welche Sprachen sind sie spezialisiert?
Ich habe mich auf Übersetzungen der englischen und italienischen Sprache ins Deutsche spezialisiert.

Wie sind Sie Übersetzerin geworden, können Sie uns etwas über Ihren Werdegang erzählen?
Ich habe schon als Kind eine gewisse Frustration gespürt, wenn ich mich im Urlaub mit anderen Kindern unterhalten wollte und nur mit Zeichensprache nicht weit kam. Vermutlich hat mich das dazu gebracht, zunächst einmal Englisch und Französisch zu studieren, später kam dann Italienisch hinzu. Nach dem Studium arbeitete ich ein Jahr als Reiseleiterin in Korsika, danach im Bereich internationale Kundenbetreuung für JWT, Procter&Gamble und Citibank in Frankfurt. Den eigentlichen Beruf des Übersetzers übe ich aus, seitdem ich vor mehr als 20 Jahren  mit meinem jetzigen Ehemann in die Toskana übergesiedelt bin.  

Haben Sie eine Präferenz, was die zu übersetzenden Texte angeht?
Ja, ich übersetze gerne Texte, die sich mit Literatur, Werbung und Marketing befassen. Ich kann jedoch nicht behaupten, dass ich nur ein Fachgebiet habe, weil die Übersetzungsaufträge stark variieren und themenübergreifend sind. Das macht diese Arbeit ja eben so interessant, denn man lernt jeden Tag etwas Neues dazu – über Kulturen, versteckte Orte, Psychologie, Berufe, Handwerk, Umwelt oder neue Tendenzen im Allgemeinen. Eine Projektplanung für ein Wohngebäude zum Beispiel kann mich genauso faszinieren, wie ein fesselnder Roman. 

Wo arbeiten Sie normalerweise und was sehen Sie von Ihrem Schreibtisch aus?
Ich habe den idealen Arbeitsplatz: zuhause. Sie kennen sicher die berühmte Zeichnung des „Kartographen“ Leonardo da Vinci, die das Valdichiana minuziös darstellt. 

Ich habe das Glück, bei der Arbeit direkt auf diese wundervolle Landschaft zu schauen. Und sie sieht fast genauso aus, wie damals. Ein Blick aus dem Fenster hilft mir beim Nachdenken, beruhigt und regt di Fantasie an.

Sprechen wir über Die Reise der Anais mit dem Wind, wir wissen, Sie haben das Buch übersetzt. Fanden Sie Teile davon besonders schwierig?
Nein, eigentlich nicht. Bevor ich diesen Auftrag angenommen habe, habe ich das Buch gelesen und war auf Anhieb davon begeistert, denn es ist genau die Art von Kinderbüchern, die ich liebe. Zudem hat der Autor die schwierig zu verstehenden Abschnitte detailliert vorab erklärt und ich hatte immer die Möglichkeit, mich mit ihm in Verbindung zu setzen.

Fanden Sie diesen Roman von Davide Amante interessant?
Ihn als interessant zu bezeichnen, wäre untertrieben. Ich fand ihn fantastisch. Der Schreibstil, die Handlung, der Kontext, der Schauplatz – alles passt.

Ändert die Tatsache, dass der Roman sich an Kinder und nicht an Erwachsene richtet, etwas an der Art, mit der Übersetzung umzugehen?
Sicher, da der Autor seinen Roman in einer für Kinder leicht verständlichen Sprache verfasst hat, muss sich natürlich auch der Übersetzer dementsprechend anpassen, die Wörter müssen in der Zielsprache sorgfältig ausgewählt, Fremdwörter vermieden und der Stil entsprechend umgesetzt werden.

Ein Übersetzer, der einen literarischen Text angeht, muss außer der Handlung auch die Atmosphäre einfangen, die der Autor vermitteln möchte und dies oft auch aus der Sicht des Autors. Kann man bei einer Übersetzung die Konstruktion des Autors beibehalten oder muss man den Test interpretieren und die eigene Interpretation unter Beachtung der Kulturunterschiede einfließen lassen?
Ein Übersetzer sollte auf jeden Fall auf eigene Interpretationen /Aussagen verzichten. Die Übersetzung, von einer Kultur in eine andere, bedeutet, die Sprache, deren Nuancen und Eigenheiten gut zu kennen und die Fähigkeit zu besitzen, dies einer anderen Kultur zu vermitteln. Man muss sich das Original regelrecht verinnerlichen,  dessen Merkmale wie Struktur, Wörter, Grammatik, Idiomatik erfassen und mit den Mitteln ausdrücken, die in der Zielsprache zur Verfügung stehen. Es kommt vor, dass Wörter oder Redewendungen nicht übersetzbar sind, in diesem Fall sollte man sich mit dem Verfasser kurzschließen und gemeinsam eine treffende Übersetzungslösung finden. Kulturunterschiede kann man meiner Meinung nach nur dann erkennen und vermitteln, wenn man länger in beiden Ländern gelebt und sich mit der jeweiligen Kultur auseinandergesetzt hat.

Wie läuft Ihre Arbeit als Übersetzer ab, gehen Sie bei der Übersetzung eines Textes in einer bestimmten Reihenfolge vor und benutzen Sie besondere Tools?
Das kommt auf den Text an. Ich möchte vorausschicken, dass es heutzutage unendlich viele CAT-Tools (Übersetzungsprogramme) gibt, die die Arbeit eines Übersetzers durchaus erleichtern, vor allem, wenn es sich um Texte mit immer wiederkehrenden Sätzen oder Wörtern handelt, wie Kataloge, Webseiten oder HTML-Dateien usw. In diesen Fällen benutze ich ein CAT-Tool, wobei ich jedoch die automatische Übersetzung, die dieses Tool vorschlägt, weitgehend ignoriere. 

Was literarische Texte, Abhandlungen und Werbetexte betrifft, lese ich mir diese erst einmal kurz durch,  um mir ein Bild von Inhalt, Stil und Struktur zu machen. Danach übersetze ich einen Paragrafen nach dem anderen bis zum Ende. Jetzt habe ich erstmal eine Rohfassung, die ich noch einmal gründlich durchlese und überarbeite und mich gegebenenfalls in Themen einlese, die mir nicht sehr geläufig sind. Im Falle von Die Reise der Anais mit dem Wind zum Beispiel habe ich mich eingehend mit dem Aufbau von Booten, der Seefahrt, dem Meer, den Winden und mit Stürmen befasst. Danach, in der Regel am nächsten Tag, lese ich den Ursprungstext und die Übersetzung abschnittweise zum Vergleich noch einmal durch; zum Schluss lese ich die gesamte Übersetzung ein bis zwei Mal. Idealerweise steht mir noch ein weiterer Tag vor der Abgabe zur Verfügung, um mir die Endversion noch ein letztes Mal durchzulesen.

Ist es wahr, dass ein Übersetzer eine besondere Beziehung zum Autor hat?
Das sehe ich nicht so. Man hat aber sehr wohl eine besondere Beziehung zu den Figuren, die in den Büchern beschreiben werden und setzt sich mit der Handlung des Buches auseinander, das der Autor verfasst. 

Ist eine Übersetzung eine Wort-für-Wort Umsetzung oder muss man das Buch in gewisser „neu schreiben“?
Ich denke, es ist mehr ein Umsetzen der Wörter in eine für Menschen fremder Kulturen verständliche Form, also eher eine sinngemäße Übersetzung als eine Wort-für-Wort Umsetzung, denn oft haben einzelne Wörter in einer anderen Sprache eine unterschiedliche Bedeutung.

Sie arbeiten als Freelancer. Wie kann man sich mit Ihnen in Verbindung setzen?
Ja, ich arbeite freiberuflich als Freelancer. Meine E-Mail-Adresse.

Die Reise der Anais mit dem Wind.